(2023)
5568×3132
Fernando Botero
* 1932 in Medellín, Kolumbien
Reclining Woman, 1993
Bronze
134,6 x 349,3 x 167,6 cm
Ed. 1/3
Schenkung der Lampadia Stiftung, Vaduz, in memoriam Bob Glynn, Präsident, 2002
Fernando Botero, heute der wohl bekannteste Künstler Lateinamerikas, arbeitete seit dem Ende der 1940er Jahre als Illustrator, ehe er 1952 nach Madrid reiste und sich dort für eine akademische Künstlerausbildung einschrieb. Sein Interesse galt den Alten Meistern, die sein Werk fortan spürbar beeinflussten. Auf Studienreisen zu den bedeutendsten Museen erarbeitete er sich ein Bildrepertoire, das für seine Formensprache zukünftig massgebend war.
Dies gilt auch für seine ruhende Frau aus dem Jahr 1993, eine überdimensional gestaltete, behäbig auf dem Rücken liegende Frau. Die Arme verschränkt sie hinter ihrem Kopf, der auf einem Kissen aufliegt, das rechte Bein ist angewinkelt, das linke streckt sie aus. Sie liegt bequem und gelassen auf einem Tuch, das an den Längsseiten über die Plinthe wallt. Der Banalität dieses Sujets liegen in der Kunstgeschichte fest verwurzelte Motive zugrunde: etwa Venusdarstellungen bei Tizian oder Rubens. Doch ist die Göttin dort als eine erotisch anmutende, geheimnisvolle und in sich ruhende Frau dargestellt. In ihrer verträumten Versunkenheit erinnert die Figur auch an Psyche, die, gestraft für ihre Liebe zu Amor, in einen todesähnlichen Schlaf fiel. Sie verkörpert Sehnsucht, innige Liebe und – wie Venus – vollkommene Schönheit.
Bewusst greift Botero in seinen Arbeiten auf bereits bekannte Motive zurück, um deren ursprünglichen Bedeutungskontext beim Betrachter aufzurufen und zur Diskussion zu stellen. Aus Anmut werden hier Überdruss und Völlerei. Seine Kritik an der Dekadenz machte ihn schon zu Beginn seines künstlerischen Schaffens zu einem politischen Künstler. Rundliche Formen, Inbegriff barocker Lebensweise, sind sein Stilmittel. Auch sind die Proportionen aus dem Lot geraten, sowohl innerhalb der Figur selbst, aber auch in der gesamten Organisation, denn die Frau passt nicht ganz auf die Liege, auf der sie ruht. Er verzichtet auf detaillierte Ausführung zugunsten einer verstärkten Oberflächenwirkung. So gelingt ihm in seinem Werk eine Doppelbödigkeit, ein Changieren zwischen beinahe naivdrolliger Form und sozialer Kritik.