12. November 2022 – 10. Dezember 2022
Galerie Vazerol14 Chur
Maximilian Zeitler (*1987) arbeitet mit Techniken aus der Anfangszeit der Fotografie und produziert Fotoserien in den Bereichen der Portrait-, Architektur-, Landschafts- und Makrofotografie. Er interpretiert seine Arbeiten mit Hilfe von großformatigen Nassplatten Kollodium Negativen und Salzdrucken neu. Die Synthese des hohen technischen Aufwands und des subjektiven Ausdrucks verleiht den Fotografien eine Intensität, die den dazu Betrachter einlädt, in in die Langsamkeit des Verfahrens und Monumentalität der Landschaften einzutauchen. Oftmals wird minutenlang belichtet und die Glas- bzw. Aluminiumplatten im Anschluss in der Dunkelkammer entwickelt. Das Letztere ist eine Voraussetzung des Prozesses, denn die Platten verlieren ihre Lichtempfindlichkeit, sobald sie trocknen – bei Landschaftsaufnahmen arbeitet Zeitler daher mit einem mobilen Dunkelkammerzelt.
Der in Berlin lebende Künstler zeigt in der Galerie Vazerol14 Landschaftsaufnahmen aus seinem aktuellen Projekt holocene und Arbeiten aus dem Ultragroßformat-Makroprojekt INSECTAE.
INSECTAE (2017-2019)
Die Welt der Insekten ist weit entfernt und gleichzeitig mit dem unseren verwoben. Je genauer wir unsere Beobachtungen anstellen, desto mehr entfaltet sich diese Welt voller Schönheit, Schrecken und Einzigartigkeit. Die Kontaktaufnahme mit diesem Universum führt oft zu fatalen Missverständnissen und die Schönheit lässt sich meist nur aus der Nähe betrachten. Inspiriert von entomologischen Zeichnungen, decken die großformatigen Arbeiten die Geometrie und die Perfektion jener Kreaturen auf, die unter uns leben, aber sicherlich nicht immer willkommen sind. Die Verwendung des Nassplattenverfahrens für diese Serie führt zu technischen Hindernissen. Das Hauptwerkzeug für diese Serie ist eine über 120 Jahre alte und sperrige Studiokamera aus Holz, die einen Balgenauszug von fast zwei Metern und schließlich den Kontakt mit den Insekten ermöglicht. Das reine Silber auf den einzigartigen 40x50cm großen Tintype-Fotografien, die geringe Schärfentiefe, ein Vergrößerungsverhältnis von 4:1 verewigen die fragile Schönheit der Insekten.
Holocene (seit 2020)
Die Suche nach Punkten zwischen den Zeitaltern ist aussichtslos – die Zeit war schon immer ein glitschiger Abhang – und doch tun wir es. Alles, was wir mit der Vergangenheit in Verbindung bringen, wird immer von dem Wunsch angetrieben, zurückzukehren. Wir suchen nach Momenten, die die Zeit in ein Vorher und ein Nachher aufteilen, nach Punkten wie Türöffnungen – als ob sie es uns ermöglichen würden, die Gegenwart dort zu verlassen, wo wir sie betreten haben. In vielerlei Hinsicht ist das Jahr 1850 ein solcher Punkt. Es markiert den Beginn der Industrialisierung, den Beginn vieler Dinge, die wir im Nachhinein gerne rückgängig machen oder ändern würden.
Die 1850er Jahre markieren auch den Beginn der Fotografie. In Holocene verwende ich das Kollodium-Nassplatten-Negativverfahren, um die Natur so einzufangen, wie sie sich heute vor mir entfaltet, und drucke sie auf Salz- und Albuminpapier ab, ähnlich wie die ersten Fotografen am Tor zur Gegenwart. Es ist kein Versuch, durch diese Tür zu entkommen, sondern zeigt, dass diese Tür, das wir uns vorstellen, vielleicht gar nicht existiert hat.